Großer Zirkus, harter Alltag

14. April 2019

Mit unsicherem Applaus der Oberstufenschüler ging am 12. April 2019 die Aufführung von Sibylle Bergs „Und dann kam Mirna“ im Festsaal des Landschulheims Marquartstein zu Ende. Die teils umstrittene, teils heiß geliebte Dramatikerin Berg stellt in diesem Stück das Leben einer alleinerziehenden Mutter in den Fokus.

Eine einzige Darstellerin, Janet Benz, stellte den Zuschauern die kursiose Familiensituation einer überspannten Frau in der Midlifecrisis und ihrer minderjährigen, doch schwer pubertierenden Tochter vor. Beide Figuren sprechen mit Humor, teils mit Sarkasmus über ihr Leben. Dass beide Rollen von einer Person gespielt werden, legt die Vermutung nahe, dass die Regisseurin Martina Gredler vor allem auf die Ähnlichkeit der Generationen abheben möchte, denn Mutter und Tochter haben schließlich mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen. Man muss Janet Benz zu ihrer schauspielerischen Leistung beglückwünschen, so routiniert und facettenreich schimpft, träumt und tanzt sie über die Bühne und wechselt dabei so gekonnt und in großer Eile ihr Kostüm, um dem Publikum zu illustrieren, welche Figur gerade zu Wort kommt. Vielleicht hätte die Regisseurin allerdings einen Rollenwechsel genau dann vermeiden sollen, wenn eine Figur lediglich ein Wort sagt, ehe die andere Partei wieder zu Wort kommt. Denn durch einen so häufigen Wechsel droht das Publikum zu ermüden oder den Anschluss zu verlieren. Ein stärkerer Eingriff in Sibylle Bergs Text hätte hier sicher gutgetan.

Alle Dialoge spielen in einem einzigen Raum, der überfüllt ist von Kartons, Spielsachen aus alten, vielleicht glücklicheren Kindertagen und wüsten Haufen aus Kleidung und Krimskrams. So wird dem Zuschauer schnell und eindringlich vermittelt, dass diese Familie kurz vor einem Umzug steht. Gleichzeitig versteht der Betrachter, dass alles hier aus seiner Ordnung geraten ist und die Mutter, die bezeichnenderweise namenlos bleibt, sich nach einem Glück sehnt, das sich nach ihrem Umzug vermutlich ebenso wenig realisieren wird wie in ihrem bisherigen Dasein.

Sibylle Bergs „Und dann kam Mirna“ ist ein interessantes, sehenswertes Stück, das vor allem ein erwachsenes Publikum anspricht. Die Schüler des Landschulheims Marquartstein hat Martina Gredlers insgesamt gelungene Inszenierung aber trotz eines anschließenden Publikumsgespräches mit vielen Fragen zugelassen: Kann man sein Leben tatsächlich anders leben als die Eltern es einem vorgemacht haben? Kann man aus alten Verhaltensmustern ausbrechen oder bleibt doch alles beim Alten. Sibylle Berg hat darauf eine eher ernüchternde Antwort parat. Weitere Aufführungen des Stückes sind im Theater Bergkirchen zu sehen.

Text: Florian Rödler, Anahita Götschl und Sandra Altmann